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Erklären, was ist, berichten, was war und junge Menschen zum richtigen Gebrauch ihres Verstandes anleiten und ermutigen - das ist gut.


1 Ein zufälliger Fund

Es geschah im August 1856 in einem Steinbruch im Neandertal bei Düsseldorf. Beim Abbau von Kalk fanden zwei Arbeiter einige Knochenreste. Sie konnten damit nichts anfangen und warfen sie achtlos auf einen Abfallhaufen. Doch dann entdeckten sie auch noch eine Schädeldecke.

Wie kamen die menschlichen Überreste dahin? War hier jemand ermordet worden? Der Besitzer des Steinbruchs brachte die Stücke schließlich zu Johann Carl Fuhlrott. Der war Lehrer und bekannt als Naturforscher. Fuhlrott zeigte die Überreste anderen Fachleuten.


Bald waren sie sich sicher. Der Schädel und die Knochen lagen schon lange im Boden. Es war auch niemand ermordet worden, sondern es handelte sich um Überreste eines bisher unbekannten Urmenschen. Nach dem Fundort nennt man diese Art inzwischen "Homo neanderthalensis". Übersetzt heißt das: "Mensch aus dem Neanderthal" oder kürzer "Neanderthaler". Meistens lässt man das h im Namen heute weg.

Diese Überreste fand man in einem Steinbruch im Neandertaler

2 Das Neandertal

Das Neandertal war bis vor etwa 150 Jahren eine Schlucht, die der Fluss Düssel geformt hatte. Sie war ungefähr 1000 Meter lang und 50 Meter tief. Hier gab es einst zahlreiche Wasserfälle, Höhlen und eine große Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Bei Wanderern, Bergsteigern und Naturforschern war diese Schlucht sehr beliebt.

Ihr Aussehen hat sich seit damals jedoch total verändert. Die Felsen des Neandertals enthielten nämlich Kalk. Seit etwa 1850 benötigte die Stahl- und Kohleindustrie im Ruhrgebiet große Mengen von diesem Baustoff. So wurden die Kalkfelsen des Neandertals abgetragen und zu Baumaterial verarbeitet.


Heute findet man an der Stelle des einst engen Tals eine breite Wiese. Mit Steinen und Stangen hat man die Stellen markiert, an der die beiden Arbeiter vor mehr als 150 Jahren zufällig auf die Überreste eines Urmenschen stießen.

Von der Neanderhöhle imNeandertal ist nichts mehr erhalten.
Das Neanderthal Museum in Mettmann.

3 Die Neandertaler

Heute weiß man, dass der Mensch, zu dem die Überreste gehörten, vor etwa 42.000 Jahren lebte. Anhand der Knochenfunde aus dem Neandertal hat man einen solchen Menschen nachgebaut.

Man ist sicher, dass dieses Modell ungefähr so aussieht wie der Mensch, dessen Knochen im Neandertal gefunden wurden. Man kann dieses Modell im Neandertal-Museum in Mettmann bei Düsseldorf anschauen. Dort sind außerdem viele Gegenstände und Informationstafeln zum Neandertaler und zur Entwicklung des Menschen ausgestellt.


Auch an anderen Orten in Europa hat man Überreste des Neandertalers gefunden und untersucht. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass es einige deutliche Unterschiede zwischen dem Neandertaler und den heute lebenden Menschen gibt. Sie fallen besonders auf, wenn man die Schädelknochen vergleicht.


Neandertaler hatten eine flache Stirn. Über den Augen befanden sich dicke Wülste. Am hinteren Teil eines Schädels war oft eine Delle zu fühlen. Das Gebiss zeigte hinter dem letzten Backenzahn eine große Lücke. Das Kinn der Neandertaler war leicht nach hinten gerichtet.

4 Die Entwicklung des Menschen

Die ersten Lebewesen, die man als Menschen bezeichnet, lebten vor ungefähr vier Millionen Jahren in Ostafrika.


Ein besonders interessantes Beispiel eines frühen Menschen entdeckten Forscher im Jahr 1974 in Äthiopien. Sie fanden Überreste einer Frau. Sie war vor etwa 3,2 Millionen Jahren gestorben. Bei ihrem Tod war sie vermutlich ungefähr 25 Jahre alt. Sie war nur etwas größer als einen Meter, konnte aufrecht gehen und ihr Körper war vollständig behaart. Man nannte sie "Lucy".


"Lucy" und ihre Artgenossen werden von der Wissenschaft als "Australopithecinen" bezeichnet. Die damaligen Menschen wiesen noch große Ähnlichkeiten mit den Menschenaffen auf. Man nimmt an, dass sie gut klettern konnten und häufig Schutz in hohen Baumkronen suchten.


Vor ungefähr 2,5 Millionen Jahren lernten die Urmenschen, Steinwerkzeuge zu benutzen. Etwa eine halbe Million Jahre später lebte der "Homo erectus", der "aufrecht gehende Mensch". Angehörige dieser Art verließen Afrika und wanderten nach Europa und Asien ein. Aus dieser Menschenart entwickelten sich die Neandertaler.


Den modernen Menschen "Homo sapiens sapiens" gibt es erst seit etwa 160.000 Jahren. Auch er wanderte aus Afrika nach Europa ein und traf hier auf die Neandertaler. Man geht inzwischen davon aus, das die Neandertaler von den modernen Menschen verdrängt wurden. Seit ungefähr 30.000 Jahren gibt es keine Neandertaler mehr, die Art der heutigen Menschen verbreitete sich.

"Lucy" in einer Ausstellung des Westfälischen Landesmuseum für Naturkunde (2009)

5 Neandertaler und heutige Menschen

Wir heutigen Menschen unterscheiden uns deutlich von den Neantertalern. Wir haben eine steil aufsteigende Stirn, keine ausgeprägten Augenwülste und keine Delle am Hinterkopf. Es gibt bei uns auch keine Lücke hinter dem letzten Backenzahn. Unser Kinn springt meistens leicht vor. Die Art, zu der wir gehören, wird von der Wissenschaft "Homo sapiens sapiens" genannt. Das bedeutet: "weiser, einsichtsvoller Mensch". 


Die Neandertaler wurden nur ungefähr 1,55 bis 1,65 m groß, sie waren also im Durchschnitt deutlich kleiner als heutige Menschen. Mit einem Gewicht von 60 bis 80 kg wurden sie ungefähr so schwer wie wir. Frauen waren im Durchschnitt etwas kleiner und leichter als die Männer. Das ist auch heute noch so.


Neandertaler waren muskulöser als die meisten von uns heute. Ihr Gebiss war kräftiger, das Gehirn sogar größer als das heute lebender Menschen.

6 Eisige Zeiten

Die ältesten Spuren der Neandertaler fand man in Kroatien nahe der Stadt Krapina und in Italien. Auch in Frankreich, Spanien, Schweiz, Österreich, Deutschland, Ungarn, Irak, Israel und Usbekistan haben einst Neandertaler gelebt.


Zur Zeit der Neandertaler war es in Europa sehr kalt, im Durchschnitt ungefähr 5 bis 6 Grad kälter als heute. Es gab eine Eiszeit, in der Gletscher entstanden, deren Reste wir noch heute sehen können. Die Alpen und weite Teile Nordeuropas waren von Eis und Gletschern bedeckt. Erst vor ungefähr 10.000 Jahren war die letzte Eiszeit beendet.


Die Temperaturen waren nicht immer gleich. Auf Jahrhunderte mit besonders kalten Wintern folgten andere, in denen es etwas wärmer war. Das hatte großen Einfluss auf die Tier- und Pflanzenwelt.

Fundstellen des Neandertalers
Als Überreste der Eiszeiten sind noch einige Gletscher erhalten.

7 Ein Leben als Jäger und Sammler

Die Neandertaler überlebten in dieser kalten Zeit, weil sie Feuer machen konnten, das sie gegen Kälte und wilde Tiere schützte und mit dem sie Fleisch und pflanzliche Nahrung zubereiteten.

Neandertaler lebten vorwiegend in Höhlen. Auf der Jagd verbrachten sie die Nächte in Zelten, die sie aus hölzernen Stangen und Fellen errichteten. Sie aßen vor allem Fleisch. Sie jagten Wisente, Auerochsen, Wollnashörner, Wildpferde, Rentiere oder Mammuts. Außerdem sammelten sie Früchte und Samen. Da sie kaum Vorräte anlegten, litten sie vermutlich oft Hunger.


Neandertaler erleichterten sich das Leben, indem sie Speere aus Holz und Werkzeuge aus Stein, Knochen oder Muscheln herstellten. Wahrscheinlich nutzten sie auch Birkenpech als Klebstoff. Sie fertigten Kleidung an und hatten vermutlich auch eine eigene Sprache. Sie lebten in kleinen Gruppen zusammen, die wenig Kontakt untereinander hatten. Es gab wohl nur einige Tausend Neandertaler, die jeweils zur gleichen Zeit in Europa lebten.


Neandertaler und die modernen Menschen haben sich sicher auch vermischt. Jedenfalls trägt jeder von uns Erbgut von Neandertalern in sich. Daher darf man diese Menschenart zu Recht als erste Europäer bezeichnen.

Werkzeuge von Jägern und Sammlern der Steinzeit.
Neandertaler zogen als Nomaden umher.
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