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Erklären, was ist, berichten, was war und junge Menschen zum richtigen Gebrauch ihres Verstandes anleiten und ermutigen - das ist gut.


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1 Im Land des Kaisers Wilhelm

Die meisten Omas heute sind 50 bis 60 Jahre alt. Als Oma geboren wurde, war ihre Oma auch etwa 60 Jahre alt. Omas Oma lebte also vor etwa 120 Jahren am Anfang des 20. Jahrhunderts.

In Deutschland lebten vor 120 Jahren ungefähr 60 Millionen Menschen, heute sind es etwa 83 Millionen. An der Spitze des Landes stand Kaiser Wilhelm II., der das Land von Berlin aus regierte. Er liebte Uniformen und Soldaten.


Zahlreiche Erfindungen hatten die Welt verändert. 1852 baute die Firma Krupp den ersten nahtlosen Eisenbahnreifen. 1867 stellte Werner von Siemens einen Generator vor, mit dem man Strom erzeugen konnte. 1885 baute Carl Benz das erste Auto mit Benzinmotor. Conrad Röntgen entdeckte 1897 die Röntgenstrahlen, mit denen man den menschlichen Körper durchleuchten konnte.


Das wichtigste Verkehrsmittel war die Eisenbahn, aber viele Fahrzeuge wurden noch von Pferden gezogen. Durch die neue Technik entstanden große Fabriken und viele neue technische Geräte. Es war die Zeit der Industriellen Revolution. Verkehrsflugzeuge, Computer, Fernseher und das Radio waren allerdings noch unbekannt.

Eine Familie im Jahr 1900
Reiche Fabrikanten bauten sich prächtige Villen
Kaiser Wilhelm II. stand an der Spitze des Deutschen Reiches. Er liebte Soldaten und Uniformen.
Die Firma Maurer Union baute ab 1900 in Nürnberg pro Jahr 300 bis 400 solcher Autos

2 Viele Menschen zogen in die Städte

Fabriken entstanden, die Arbeitskräfte brauchten. Viele Menschen zogen vom Land in die Städte, weil sie hofften, dort Arbeit zu finden. Die Einwohnerzahl dieser Städte stieg stark an. In Essen lebten 1871 etwas mehr als 51.000 Einwohner, im Jahr 1900 bereits knapp 120.000. Die Arbeitszeit betrug mehr als 60 Stunden in der Woche. Die Löhne der Arbeiter waren niedrig. Etwas besser erging es den Angestellten, die in Büros arbeiteten.

Zu einer Familie gehörten oft mehr als 10 Kinder. Viele starben früh. Die Tuberkulose, auch „Schwindsucht“ genannt, war eine gefürchtete Krankheit. Im Durchschnitt wurden Männer damals 47 Jahre, Frauen 49 Jahre alt.


Die Menschen in den Städten lebten oft in Mietshäusern mit vielen kleinen Wohnungen oder in Arbeitersiedlungen. Es war eng in den Wohnungen.


Einige Besitzer von Fabriken wurden sehr reich. Sie ließen sich große Villen bauen, die genauso prachtvoll eingerichtet waren wie die Burgen und Schlösser der adligen Familien.

Gewerkschaft Donatus, Liblar bei Köln, mit Braunkohlegrube, Brikettfabriken, Arbeitersiedlung. Um 1900 waren hier 747 Arbeiter beschäftigt.

Werkswohnungen der Glasfabrik C. E. Gaetke in Hamburg

In den Dörfern sah es um 1900 oft so aus. Ackerfuhrwerke und Misthaufen säumten die Straßen.
Die Villa Hügel in Essen ließ sich der Fabrikbesitzer Alfred Krupp erbauen.

3 Kinderarbeit

Fast alle Kinder mussten damals arbeiten. Sie machten Botengänge, lieferten Waren aus oder halfen im Lager. Sie brachten Getränke und Essen zu den Arbeitern, die in den Werkstätten, in den Fabriken oder im Bergwerk arbeiteten.

Auf dem Land hüteten Kinder das Vieh, sie halfen bei der Ernte von Heu, Kartoffeln, Getreide und beim Dreschen. Bei der Entlassung aus der Schule waren die meisten erst 14 Jahre alt. Danach arbeiteten sie wie die Erwachsenen in einer Fabrik oder als Handwerker.


Ihren Verdienst durften sie nicht behalten, sondern mussten ihn ihren Eltern geben und mithelfen, die Familie zu ernähren.

Diese Jungen arbeiteten in einer Fabrik

4 Die Dorfschule von 1848

Der Schweizer Maler Albert Anker hat ein Bild gemalt, das er "Die Dorfschule von 1848" nannte. Es zeigt eine Schule vor ungefähr 175 Jahren, also zur Zeit, als Omas Uroma lebte.


Etwa 40 Kinder befinden sich in dem Raum. Sie sitzen auf engen Holzbänken. Alle Klassen werden gemeinsam unterrichtet. Die Mädchen verhalten sich sehr brav. Die Jungen auf der hinteren Bank interessieren sich jedoch kaum für den Unterricht.


Der Lehrer hält einen Stock in der Hand. An der Wand hängt Werkzeug. Es verrät uns, dass der Lehrer auch ein Küfer war, also ein Fassmacher. Morgens unterrichtete er die Kinder, am Nachmittag machte er Holzfässer.


Es war damals üblich, dass die Lehrer nicht nur in der Schule arbeiteten, sondern auch noch einen Nebenberuf hatten. Von ihrem geringen Verdienst als Lehrer hätten viele nicht leben können.

Die Dorfschule von 1848 - (Albert Anker - gemeinfrei)

5 Schulen auf dem Lande

Die Dorfschule in Wilsum in Niedersachsen bestand im Jahr 1905 aus 2 Klassenräumen für ungefähr 150 Kinder. Zum Schulgebäude gehörten auch ein Vorraum und eine Kammer. Ein Klassenraum war 9 m lang und 7 m breit. Darin standen in 4 Reihen 16 Knaben- und 16 Mädchenbänke, ein Pult für den Lehrer und ein Kartenständer.

Zur Ausstattung der Schule gehörten 2 Wandtafeln mit Gestell, ein Schrank und 2 Öfen, die mit Holz und Torf beheizt wurden. Auf dem Schulplatz befanden sich die Turngeräte, 2 Barren und 1 Reck. Neben der Schule stand das Toilettenhaus.


In Schulmuseen sind Klassenräume der damaligen Zeit nachgestellt. Im Museumsdorf in Cloppenburg zum Beispiel ist die Schule des Dorfes Renslage wieder aufgebaut, so wie sie um 1880 ausgesehen hat. In dem einzigen Klassenraum der Schule befanden sich Schulbänke, Lehrerpult und Schulschrank.

An der Wand hingen Bilder des schwedischen Königs Gustav Adolf und Martin Luthers. Der Raum war mit einer Rechenmaschine, einer Wandtafel, einem kleinen Harmonium und einem Ofen ausgestattet.

Diese Schule in Wilsum erhielt 1904 einen zweiten Klassenraum. Das Toilettengebäude stand abseits.
Klassenraum der Schule Renslage im Museumsdorf Cloppenburg.
Die Kinder saßen zu zweit in solchen Bänken
Eine Schulklasse im Jahr 1904 mit ihrem Lehrer.

6 Eine Schule in der Stadt

In der "Katholischen Volksschule Bickendorf" in Köln wurde in 3 Schichten unterrichtet, weil fast 2000 Kinder hier zur Schule gingen. Es gab 32 Klassen, 16 Mädchenklassen und 16 Knabenklassen. Die Jungen hatten einen eigenen Eingang und einen eigenen Schulhof.


Jungen und Mädchen wurden getrennt unterrichtet. In einer Klasse waren ungefähr 60 Mädchen oder Jungen. Die Mädchen durften nur in Kleidern und Schürzen zur Schule kommen.


Die Lehrer waren sehr streng. Harte Strafen waren üblich. Es gab nur wenige Lehrerinnen in den Schulen. Sie wurden damals "Fräulein" genannt und es war ihnen verboten zu heiraten. Taten sie es trotzdem, folgte die Kündigung und sie bekamen später keine Pension.

Lehrerkollegium der Voksschule Bickendorf . Lehrerinnen durften nicht verheiratet sein und wurden "Fräulein" genannt. - Bild: Hauptschule Borsig

Eine Mädchenklasse der Volksschule Bickendorf auf einem Ausflug. Mädchen müssten in Kleider und mit Schürze zur Schule kommen.  - Bild: Hauptschule Borsig

7 Ein alter Stundenplan

Der Hauptlehrer der Schule in Wilsum schrieb 1917 einen Stundenplan für seine Schule auf. Darin waren auch die Herbstferien, die Weihnachtsferien und das Ende des Schuljahres eingetragen. Die Kinder gingen damals 8 Jahre zur Schule. Sie waren in zwei Abteilungen eingeteilt. Zur Abteilung I gehörten die Jahrgänge 1 bis 4, die Jahrgänge 5 bis 8 bildeten die Abteilung II.

Die 150 bis 160 Kinder der Schule wurden von zwei Lehrern unterrichtet. Eine Unterrichtsstunde dauerte 55 Minuten. Zwischen den Stunden gab es 5 Minuten Pause, außerdem eine Hauptpause von 15 Minuten. Am Vormittag wurde 4 Stunden unterrichtet, am Nachmittag 2 Stunden. Die Kinder der Abteilung I hatten am Samstagnachmittag frei, die in Abteilung II am Mittwochnachmittag.

Die Fächer waren Lesen, Rechnen, Diktat, Biblische Geschichte, Geographie, Geschichte, Turnen, Singen, Zeichnen, Handarbeit (nur für Mädchen), Raumlehre und Naturlehre.

8 Die Schrift

Die Kinder schrieben in der Deutschen Schrift. Das i lernten die Kinder mit einem Reim: Rauf, runter, rauf, Pünktchen drauf!

Es wurde sehr viel Wert darauf gelegt, dass sie sauber und ordentlich schrieben. Es gab Extrastunden für das Üben der Schönschrift. Manche Leute sagen, dass die Schrift der Kinder damals besser aussah als heute.


Auf dem Bild unten links siehst du alle Buchstaben der Deutschen Schrift. Den Text daneben schrieb ein 9jähriges Mädchen in sein Schön- und Rechtschreibheft:

 


Die Eisenbahn ist ein Verkehrsmittel. Die Lokomotive bewegt den Zug. Derselbe besteht aus Pack- oder Personenwagen. Es gibt Güter- und Personenzüge. Der Zug bewegt sich auf dem Geleise oder auf den Schienen. Die Bahnzüge halten an den Bahnhöfen an. Zum Zugpersonal gehören der Lokomotivführer, der Heizer, der Schaffner und ...

9 Strafen und Belohnungen

Eine Darstellung im Kriminalmuseum in Rothenburg zeigt, wie Kinder früher in der Schule bestraft wurden. Erinnert wird an eine Zeit vor 250 Jahren. Da war Omas Oma noch nicht geboren. Aber manches wird sie in ihrer Schulzeit auch noch erlebt haben.


Auch zu ihrer Zeit wurden Kinder in der Schule geschlagen und gedemütigt. Die körperliche Züchtigung war vor 120 Jahren zwar meistens schon verboten, sie wurde aber dennoch angewandt.


Kinder, die belohnt wurden, durften vorn beim Lehrer sitzen. Manchmal wurden sie auch in ein besonderes Buch eingetragen oder sie bekamen ein kleines Bild geschenkt, ein "Fleißkärtchen", manchmal auch ein Andachtsbild mit einer Darstellung aus den biblischen Geschichten.


Die Beispiele für Bestrafungen aus Rothenburg:

Dieses Kind muss in der Ecke stehen.

Dieses Kind wird mit einem Stock geschlagen.

Das Kind kniet auf einem Holzscheit. Das war sehr schmerzhaft. .

Dieser Junge trägt eine Eselsmütze und sitzt auf einem Schandesel.

Bei besonders schlimmen Vergehen kamen Kinder in den Karzer. Das war eine abgesperrte Ecke im Schulgebäude.

Dieses Kind wird an den Ohren gezogen.

10 Die Schulsachen

Omas Oma benutzte in der Schule eine Schiefertafel, auf der sie mit einem „Griffel“ schrieb. Mit einem Schwamm konnte sie das Geschriebene schnell wieder weg wischen. Omas Oma war gewohnt, zur Schule zu laufen, oft mehrere Kilometer weit. Auf dem Land trugen die Kinder Holzschuhe, die in der Schule im Vorraum ausgezogen wurden.


Die Schultaschen bestanden manchmal aus Eichenholz, manchmal auch aus Leder. Darin bewahrten die jüngeren Kinder Schiefertafel und Griffelkasten auf, die Älteren Schreibhefte und den Katechismus.

Schiefertafel mit Griffel und Schwamm.
Ein Schulranzen aus Leder.

11 „Höhere" Schulen

Noch vor 200 Jahren gingen viele Kinder in Deutschland gar nicht zur Schule, oder der Unterricht fand nur im Winter statt. Schließlich wurde in fast allen deutschen Ländern die Schulpflicht eingeführt, seitdem mussten alle Kinder eine Schule besuchen. In der Zeit des Kaisers Wilhelm gingen die meisten Kinder in öffentliche Schulen, die man Volksschulen nannte.

In vielen Orten gab es jedoch schon lange vorher private Schulen. Oft bezeichneten sie sich als "Lateinschulen". Aus manchen dieser Schulen wurden später Realschulen oder Gymnasien. Diese „höheren Schulen“ standen lange nur den Kindern von Adligen und reichen Bürgern offen. Mädchen waren für diese Schulen noch gar nicht zugelassen.


Später gab es Klassen nur für Jungen oder nur für Mädchen. Oder es wurden Schulen nur für Mädchen gegründet, wie zum Beispiel in Bad Tölz in Bayern.


Über die Schule von Omas Oma könnte noch viel mehr erzählen. Zum Beispiel über das Schulgeld, das die Eltern zahlen mussten, über die langen Wanderungen, die damals üblich waren oder die Feiern zu Kaisers Geburtstag oder am Sedantag. Du kannst ja noch ein wenig weiter forschen ...

Das Melanchthon-Gymnasium in Nürnberg gilt als das älteste Gymnasium im deutschsprachigen Raum. Die Schule wurde 1526 gegründet .

In Bad Tölz steht dieses ehemalige Schulhaus nur für Mädchen.

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